Lohn-Mandanteninformation September 2017

von 1 Sep, 2017Lohninfos

Keine fristlose Kündigung wegen Verletzung der Pausenzeit

Einem Arbeitnehmer wurde nach zwanzig Jahren Betriebszugehörigkeit fristlos gekündigt. Sein Arbeitgeber warf ihm Arbeitszeitbetrug vor, weil er bei zwei Gelegenheiten einige Minuten vor Pausenbeginn im Pausenraum fest geschlafen habe. Beim ersten Mal sei er hierfür abgemahnt worden. Der Arbeitnehmer machte geltend, sich in dem zweiten Fall aufgrund starker Knieschmerzen zwei Minuten vor Pausenbeginn auf die Krankenliege im Pausenraum gelegt zu haben.

Das Arbeitsgericht Siegburg[1] sah im Verhalten des Arbeitnehmers keinen Grund für eine fristlose Kündigung des Arbeitsverhältnisses. Selbst wenn die Anschuldigungen des Arbeitgebers zuträfen, mangelt es vorliegend an der notwendigen Schwere der Pflichtverletzung.[2]

 

Fristlose Kündigung wegen illoyalen Verhaltens

Betreibt ein Arbeitnehmer auf intrigante Weise die Abwahl des Vereinsvorsitzenden, so kann dies eine fristlose Kündigung des Arbeitsverhältnisses zur Folge haben.[3] Dies hat das Bundesarbeitsgericht[4] im Fall der Geschäftsführerin eines Verbands entschieden, welche die Vereinsmitglieder dazu aufgerufen hatte, eine außerordentliche Versammlung einzuberufen, um die Abwahl des Vorsitzenden zu beschließen.

Durch ein solches Verhalten, so das Gericht, werde die für die weitere Zusammenarbeit erforderliche Vertrauensbasis zerstört und der Betriebsfriede erheblich beeinträchtigt. Wegen des illoyalen Verhaltens der Geschäftsführerin liegt ein wichtiger Grund zur fristlosen Kündigung des Arbeitsverhältnisses vor. Die Kündigung muss innerhalb von zwei Wochen nach Kenntniserlangung der maßgeblichen Tatsachen erfolgen.[5]

 

Krankenschwester ist keine freie Mitarbeiterin

Eine Krankenschwester, die in die betriebliche Organisation eines Krankenhauses eingebunden ist und kein wirtschaftliches Risiko oder Unternehmerrisiko trägt, ist trotz der vertraglichen Bezeichnung als „freie Mitarbeiterin“ nicht selbstständig beschäftigt. So entschied das Sozialgericht Heilbronn[6] im Fall einer Krankenschwester für Anästhesie und Intensivmedizin, die einen Dienstleistungsvertrag mit einem Krankenhaus geschlossen hatte. In diesem war vereinbart, dass sie keine Arbeitnehmerin im Sinne des Sozialversicherungs-, Steuer- und Arbeitsrechts sei und grundsätzlich auch mehr als zehn Stunden am Tag eingesetzt werden könne.

 

Vorgeschriebene Umkleidezeiten sind vergütungspflichtige Arbeitszeit

Ein in der Lebensmittelproduktion tätiger Arbeitnehmer, der einen festen Stundenlohn erhielt, war arbeitsvertraglich verpflichtet, den Dienst täglich mit sauberer und vollständiger Dienstkleidung anzutreten. Diese wurde ihm vom Arbeitgeber gestellt. Sie war in einem Umkleideraum an- und abzulegen, der sich zwar auf dem Werksgelände, aber in einiger Entfernung vom Arbeitsplatz des Arbeitnehmers befand. Der Arbeitsvertrag bezeichnete Wegezeiten zu bzw. von den Stempeluhren als „leistungsentgeltfrei“.

Der Arbeitnehmer begehrte eine Vergütung von 6.200 € für an 700 Arbeitstagen angefallene Umkleide- und innerbetriebliche Wegezeiten. Er trug vor, für derartige Tätigkeiten täglich 36 Minuten zu benötigen. Das Arbeitsgericht bejahte einen täglichen Zeitaufwand von 27 Minuten und sprach dem Arbeitnehmer hierfür 4.600 € zu.

Das Bundesarbeitsgericht[7] bestätigte, dass das Umkleiden Teil der dem Arbeitnehmer zu vergütenden Arbeit ist,[8] wenn der Arbeitgeber das Tragen einer bestimmten Kleidung vorschreibt, die im Betrieb an- und abgelegt werden muss. Der für derartige Tätigkeiten erforderliche Zeitaufwand dürfe vom Gericht geschätzt werden.[9] Die arbeitsvertragliche Regelung, nach der Wegezeiten zu bzw. von den Stempeluhren „leistungsentgeltfrei“ seien, schließe diesen Anspruch nicht aus.[10] Leistungsentgelte seien nur solche Vergütungen, bei denen die Leistung des Arbeitnehmers gemessen und mit einer Bezugsleistung verglichen werde.

 

Betriebsrat kann im Einzelfall einen Anspruch auf ein Smartphone vom Arbeitgeber haben

Der Arbeitgeber hat dem Betriebsrat für die laufende Geschäftsführung u. a. sachliche Mittel sowie Informations- und Kommunikationstechnik in erforderlichem Umfang zur Verfügung zu stellen.[11] Dazu kann auch ein Smartphone gehören.

Die Entscheidung über die Erforderlichkeit obliegt dem Betriebsrat. Er muss dabei allerdings die betrieblichen Verhältnisse und die sich ihm stellenden Aufgaben berücksichtigen und die Interessen von Belegschaft und Arbeitgeber gegeneinander abwägen. Gerichtlich wird nur geprüft, ob das Sachmittel in der konkreten betrieblichen Situation der Erledigung der gesetzlichen Aufgaben des Betriebsrats dient und ob auch berechtigten Interessen des Arbeitgebers Rechnung getragen wurde.

In einem vom Landesarbeitsgericht Hessen[12] entschiedenen Fall waren diese Anforderungen in Bezug auf ein verlangtes Smartphone erfüllt, da der Betrieb mehrere Außenstellen unterhält, die vom Betriebsrat aufgesucht werden müssen. Außerdem wurde im Schichtdienst gearbeitet und der Betriebsrat wollte für die Mitarbeiter auch abends und am Wochenende erreichbar sein. Bei den ebenfalls geforderten USB-Sticks hatte der Betriebsrat nicht berücksichtigt, dass deren Verwendung im Betrieb aus Sicherheitsgründen generell untersagt ist. Damit hat er den ihm zustehenden Beurteilungsspielraum überschritten.

 

Diese Informationen stellen keine rechtliche oder steuerliche Beratung oder gar eine verbindliche Auskunft dar und können eine Einzelfall-Beratung nicht ersetzen. Für etwaige Erläuterungen oder Nachfragen stehen wir Ihnen auch persönlich gern zur Verfügung. Bei Fragen zum Arbeitsrecht wenden Sie sich bitte an Herrn Rechtsanwalt Oliver Stumm, Tel.-Nr. 06421/4006-120.

GWB Boller & Partner mbB
Steuerberater Wirtschaftsprüfer Rechtsanwälte

[1]    ArbG Siegburg, Beschl. v. 03.05.2017, 4 BV 56/16.
[2]    § 626 Abs. 1 BGB.
[3]    § 626 Abs. 1 BGB.
[4]    BAG, Urt. v. 01.06.2017, 6 AZR 720/15, LEXinform 0446561.
[5]    § 626 Abs. 2 BGB.
[6]    SG Heilbronn, Urt. v. 01.02.2017, S 10 R 3237/15, LEXinform 0446417.
[7]    BAG, Urt. v. 26.10.2016, 5 AZR 168/16, BB 2017, S. 435, LEXinform 1659159.
[8]    § 611 BGB.
[9]    § 287 Abs. 2 i. V. m. Abs. 1 Satz 1 und 2 ZPO.
[10]   § 305 Abs. 1 Satz 1 und 2 BGB.
[11]   § 40 Abs. 2 BetrVG.
[12]   LAG Hessen, Beschl. v. 13.03.2017, 16 TaBV 212/16, LEXinform 4040198.

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