Elternzeit: Kürzung von Urlaubsansprüchen
Der Arbeitgeber kann den Erholungsurlaub bei Elternzeit für jeden vollen Kalendermonat der Elternzeit um ein Zwölftel kürzen (§ 17 Abs. 1 BEEG). Wichtig ist aber, dass diese Kürzung nicht automatisch kraft Gesetzes erfolgt. Der Arbeitgeber muss vielmehr von diesem Gestaltungsrecht mittels eindeutiger, empfangsbedürftiger Willenserklärung während des Arbeitsverhältnisses Gebrauch machen (LAG Mecklenburg-Vorpommern, Urteil vom 16.06.2017). Erfolgt dies nicht, entsteht der Erholungsurlaubsanspruch auch während der Elternzeit! Es empfiehlt sich daher dringend, eine entsprechende Erklärung oder Vereinbarung in den Arbeitsvertrag aufzunehmen oder eine Erklärung gegenüber der Elternzeit berechtigten Person bei Beginn der Elternzeit bzw. beim Elternzeitantrag abzugeben.
Heimliche Aufnahme eines Personalgesprächs berechtigt zur fristlosen Kündigung
Ein Arbeitnehmer hatte in einer E-Mail Kollegen beleidigt. Das daraufhin stattgefundene Personalgespräch mit dem Vorgesetzten und dem Betriebsrat nahm er heimlich mit seinem Handy auf. Als die Arbeitgeberin davon erfuhr, sprach sie eine fristlose Kündigung aus.
Der Arbeitnehmer erhob Kündigungsschutzklage, die vom Arbeitsgericht und später auch vom Hessischen Landesarbeitsgericht[1] abgewiesen wurde. Die heimliche Aufnahme eines Gesprächs verletzt das Persönlichkeitsrecht der Gesprächspartner.[2] Rechtfertigungsgründe waren nicht ersichtlich. Da das Arbeitsverhältnis bereits durch die vorangegangene E-Mail belastet war, war trotz der langen Betriebszugehörigkeit des Arbeitnehmers keine positive Prognose für das Arbeitsverhältnis möglich.
Erfüllung des gesetzlichen Mindestlohns: Nähprämie zu berücksichtigen
Bei der Erfüllung des gesetzlichen Mindestlohns[3] ist mitunter streitig, ob bestimmte Zahlungen zu berücksichtigen sind, sodass der Mindestlohn erreicht ist, oder ob sie Sonderzahlungen sind, die bei der Berechnung außen vor bleiben. In diesem Fall ist zur Erreichung des Mindestlohns noch etwas an den Arbeitnehmer nachzuzahlen.
Eine Verkäuferin, die während ihrer Arbeitszeit auch Näharbeiten für Kunden ihres Arbeitgebers ausführte, erhielt dafür zum Quartalsende sog. Nähprämien. Das Bundesarbeitsgericht[4] entschied, dass es sich hierbei um bei der Berechnung des Mindestlohns zu berücksichtigende Entgelte handelte. Demnach ist der Anspruch eines Arbeitnehmers erfüllt, wenn die ihm für einen Kalendermonat gezahlte Bruttovergütung den Betrag erreicht, der sich aus der Multiplikation der Anzahl der in diesem Monat tatsächlich geleisteten Arbeitsstunden mit dem jeweils geltenden Mindestlohn ergibt. Dabei sind alle Geldleistungen des Arbeitgebers zu berücksichtigen, die für die erbrachte Arbeitsleistung gezahlt werden. Anders als die Verkäuferin meinte, sind die Nähprämien Gegenleistung für die geschuldete Arbeitsleistung. Der Erfüllungswirkung steht auch nicht entgegen, dass die Prämien jeweils zum Quartalsende gezahlt wurden. Sie sind jedenfalls im jeweiligen Auszahlungsmonat mindestlohnwirksam.
Angebliches Vortäuschen einer Arbeitsunfähigkeit
Die auf das Vortäuschen einer Arbeitsunfähigkeit gestützte fristlose Kündigung eines Arbeitnehmers, der seit 49 Jahren ohne Beanstandungen für seinen Arbeitgeber tätig war, ist unwirksam. Bei einer so langen Betriebszugehörigkeit ist es dem Arbeitgeber zumutbar, zumindest bis zum Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist an dem Arbeitsverhältnis festzuhalten.[5] Eine hilfsweise erklärte ordentliche Kündigung ist unwirksam, wenn der Nachweis, dass der Arbeitnehmer seine Arbeitsunfähigkeit vorgetäuscht oder sich genesungswidrig verhalten hat, nicht geführt werden kann.
Dies hat das Landesarbeitsgericht Rheinland‑Pfalz[6] im Fall eines langfristig beschäftigten Werkzeugmachers entschieden, der am Knie operiert worden war und für die darauffolgenden Tage eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung eingereicht hatte. Sein Arbeitgeber misstraute ihm und beauftragte eine Detektei mit seiner Beobachtung. Infolge des Berichts der Detektei, der Arbeitnehmer habe während seiner Krankschreibung in seinem nebengewerblich betriebenen Weinbaubetrieb Tätigkeiten verrichtet, kündigte der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer fristlos, hilfsweise ordentlich.
Das Gericht erklärte die Kündigung für unverhältnismäßig. Der Bericht der Detektei sei zu vage, um den Nachweis eines vertragswidrigen Verhaltens des Arbeitnehmers zu führen.
Rücktritt vom nachvertraglichen Wettbewerbsverbot
Ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot ist ein gegenseitiger Vertrag, bei dem sich die eine Seite zur Unterlassung von Konkurrenztätigkeit und die andere zur Zahlung einer Karenzentschädigung verpflichtet.[7] Erbringt eine Partei nicht die vereinbarte Leistung, kann die andere von dem Wettbewerbsverbot zurücktreten.[8] Der Rücktritt entfaltet dabei erst für die Zeit nach dem Zugang der Erklärung rechtliche Wirkung.
So entschied das Bundesarbeitsgericht[9] im Fall eines Arbeitnehmers, der mit seiner Arbeitgeberin ein dreimonatiges Wettbewerbsverbot vereinbart hatte. Nachdem er gekündigt hatte, forderte er die Arbeitgeberin vergeblich zur Zahlung der vereinbarten Karenzentschädigung auf und erklärte anschließend per E-Mail, dass er sich nicht länger an das Wettbewerbsverbot gebunden fühle.
Nach Auffassung des Gerichts hat der Arbeitnehmer mit seiner E-Mail wirksam den Rücktritt vom Wettbewerbsverbot erklärt. Eine Karenzentschädigung steht ihm daher ab diesem Zeitpunkt nicht mehr zu.
Diese Informationen stellen keine rechtliche oder steuerliche Beratung oder gar eine verbindliche Auskunft dar und können eine Einzelfall-Beratung nicht ersetzen. Für etwaige Erläuterungen oder Nachfragen stehen wir Ihnen auch persönlich gern zur Verfügung. Bei Fragen zum Arbeitsrecht wenden Sie sich bitte an Herrn Rechtsanwalt Oliver Stumm, Tel.-Nr. 06421/4006-120.
GWB Boller & Partner mbB
Steuerberater Wirtschaftsprüfer Rechtsanwälte
[1] Hessisches LAG, Urt. v. 23.08.2017, 6 Sa 137/17, LEXinform 4044452.
[2] Art. 2 Abs. 1 i. V. m. Art. 1 Abs. 1 GG.
[3] § 1 Abs. 1 i. V. m. § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, § 3 MiLoG.
[4] BAG, Urt. v. 06.09.2017, 5 AZR 441/16, DStR 2017, S. 2830, LEXinform 5215402.
[5] § 626 Abs. 1 BGB.
[6] LAG Rheinland‑Pfalz, Urt. v. 13.07.2017, 5 Sa 49/17, LEXinform 4043985.
[7] §§ 74 ff. HGB.
[8] §§ 323 ff. BGB.
[9] BAG, Urt. v. 31.01.2018, 10 AZR 392/17, LEXinform 0447762.