Einkommensteuer auf Urlaubsabgeltungsanspruch
Ein Arbeitnehmer konnte seinen Urlaubsanspruch für zwei Jahre wegen Krankheit und späterer Schwerbehinderung nicht einlösen. Den entstandenen Urlaubsabgeltungsanspruch berücksichtigte das Finanzamt als Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit. Der Arbeitnehmer meinte, der Abgeltungsanspruch sei ein Schadensersatzanspruch, der nicht einkommensteuerbar sei.
Das Finanzgericht Hamburg[1] folgte der Auffassung des Finanzamts.
Arbeitslohn sind alle Einnahmen, die dem Arbeitnehmer aus dem Dienstverhältnis zufließen. Der Arbeitnehmer hat die Zahlung des Urlaubsabgeltungsanspruchs wegen seiner geleisteten Arbeit vom Arbeitgeber erhalten, nicht wegen einer Verletzung von Arbeitgeberpflichten. Es handelt sich bei der Entschädigung für nicht gewährten Urlaub um eine nachträgliche Lohnzahlung. Unerheblich ist, wie die Zahlung bezeichnet wird. Der Urlaubsabgeltungsanspruch kann daher auch als Entschädigungsanspruch bezeichnet sein. Es lagen auch keine außerordentlichen Einkünfte vor. Weder war es eine Entschädigung,[2] noch handelte es sich um eine Vergütung für mehrjährige Tätigkeiten.[3] Die Urlaubsabgeltungsansprüche für zwei Jahre flossen nur in einem Jahr zu. Sie waren aber kein Entgelt für eine mehrjährige Tätigkeit.
Aufstockungsbeträge zum Transferkurzarbeitergeld sind regelmäßig laufender Arbeitslohn
Werden auf der Grundlage eines Transferarbeitsverhältnisses von einer Transfergesellschaft Aufstockungsbeträge zum Transferkurzarbeitergeld gezahlt, handelt es sich in der Regel um laufenden Arbeitslohn. Dies hat der Bundesfinanzhof[4] entschieden. Wesentliche Faktoren für diese Beurteilung waren die folgenden Umstände:
- Das zum Arbeitgeber bestehende Arbeitsverhältnis wurde im Rahmen einer Sozialplanregelung aufgehoben und gleichzeitig ein befristetes sozialversicherungspflichtiges Transferarbeitsverhältnis mit der Transfergesellschaft begründet.
- Die Vereinbarung enthielt u. a. Regelungen zur Wochenarbeitszeit, für den Krankheitsfall, zur Urlaubsgewährung, zu Nebentätigkeiten.
- Der Transfergesellschaft stand das Weisungsrecht zu.
- Der Vertrag enthielt für den Arbeitnehmer weitere Mitwirkungs- und Teilnahmepflichten.
Verhältnis des Beschäftigungsanspruchs schwerbehinderter Menschen zur unternehmerischen Organisationsfreiheit
Ein insolventer Arbeitgeber kündigte einem schwerbehinderten Arbeitnehmer, nachdem er mit dem Betriebsrat einen Interessenausgleich geschlossen hatte. Die durch ihn ausgeführten Hilfsarbeiten sollten von den verbliebenen Fachkräften miterledigt werden. Der Gekündigte erhob Kündigungsschutzklage.
Die Klage hatte keinen Erfolg. Der in diesem Fall bestehende tarifliche Sonderkündigungsschutz entfaltet in der Insolvenz keine Wirkung. Auch der besondere Beschäftigungsanspruch schwerbehinderter Menschen ändert daran nichts.[5] Schwerbehinderte haben zwar im Rahmen des bestehenden Arbeitsverhältnisses das Recht, vom Arbeitgeber bis zur Grenze der Zumutbarkeit die Durchführung des Arbeitsverhältnisses entsprechend ihrer gesundheitlichen Situation zu verlangen. Es besteht für schwerbehinderte Menschen jedoch keine Beschäftigungsgarantie. Der Arbeitgeber ist nicht verpflichtet, einen Arbeitsplatz zu schaffen oder zu erhalten, den er nach dem Organisationskonzept nicht mehr benötigt.
(Quelle: Urteil des Bundesarbeitsgerichts[6])
Bewertung von Bereitschaftsdienstzeiten als vergütungspflichtige Arbeitszeit
Zeitstunden leistet ein Arbeitnehmer in seinen Bereitschaftsdienstzeiten auch dann, wenn er keine tatsächliche Arbeitsleistung erbringt. Im Hinblick auf den Schutzzweck des Mindestlohngesetzes ist es egal, ob eine Unterschreitung des gesetzlich vorgesehenen Mindestlohnstandards dadurch erfolgt, dass der Stundenlohn niedriger ist als gesetzlich vorgeschrieben, oder dadurch, dass die Gesamtzahl der geleisteten Stunden nicht in vollem Umfang bei der Entgeltfindung berücksichtigt wird. So entschied das Landesarbeitsgericht Hamm[7] im Fall einer Altenpflegerin, die als Nachtwache in einer ambulant betreuten Wohngemeinschaft arbeitete.
Nach der 2. Pflegearbeitsbedingungenverordnung war es bis zum 31. Dezember 2016 möglich, geleistete Bereitschaftsdienste nur teilweise als vergütungspflichtige Arbeitszeit zu bewerten, auch wenn der gesetzliche Mindestlohn unterschritten wurde.[8] 2017 galt das übergangsweise zunächst noch, wenn ein Entgelt in Höhe von mindestens 8,50 € brutto je Zeitstunde gezahlt wurde;[9] ansonsten war ein Mindestlohn gemäß der Mindestlohnanpassungsverordnung zu zahlen, nämlich 8,84 € je Zeitstunde.
Ausschlussfristen für die Geltendmachung von Vergütungsansprüchen
In Arbeitsverträgen werden häufig Ausschlussfristen für die Geltendmachung von Vergütungsansprüchen vereinbart. So war es auch bei einem Verkaufsmitarbeiter, über dessen Fall das Bundesarbeitsgericht[10] zu entscheiden hatte.
Der Arbeitsvertrag, der in dieser Form mit vielen Arbeitnehmern geschlossen worden war, sah eine zweistufige Verfallklausel vor, der zufolge Ansprüche innerhalb von drei Monaten geltend gemacht und im Falle der Nichtanerkennung innerhalb weiterer drei Monate eingeklagt werden mussten. Davon ausgenommen waren laut Arbeitsvertrag „unabdingbare gesetzliche Ansprüche“.
Anfang März 2016 wurde dem Verkaufsmitarbeiter gekündigt und es wurde ihm Urlaub gewährt. Sein Arbeitsverhältnis endete Ende März 2016. Nach erfolgloser außergerichtlicher Geltendmachung von Gehalt und Urlaubsentgelt klagte der Arbeitnehmer erst im August 2016 auf Zahlung dieser Beträge. Das Landesarbeitsgericht wies die Klage wegen verspäteter Geltendmachung der Vergütungsansprüche ab.
Anders das Bundesarbeitsgericht: Die Vergütungsansprüche waren demnach nicht in Gänze verfallen. Für den Monat März stand dem Kläger für jede geleistete Arbeitsstunde der gesetzliche Mindestlohn zu. Dieser Anspruch konnte durch Verfallklauseln nicht ausgeschlossen werden.[11] Der den gesetzlichen Mindestlohn übersteigende vertragliche Entgeltanspruch war allerdings wegen nicht rechtzeitiger gerichtlicher Geltendmachung verfallen. Die zugrunde liegende Klausel war insofern nicht unwirksam.[12] Wegen der Urlaubsgewährung stand dem Kläger auch das Urlaubsentgelt zu.[13]
Überprüfung der Obergrenze des Weihnachts- und Urlaubsgelds
Ein Arbeitgeber hatte arbeitsvertraglich versprochen, die Bemessungsobergrenze für die Berechnung zusätzlichen erfolgsbezogenen Urlaubs- und Weihnachtsgelds alle zwei Jahre zu überprüfen. Der Arbeitgeber überprüfte zwar die Obergrenze, entschied aber mehrfach, sie unverändert zu lassen.
Ein Arbeitnehmer machte geltend, aus der Überprüfungsklausel ergebe sich für ihn ein Anspruch darauf, dass der Arbeitgeber die Grenze alle zwei Jahre nach billigem Ermessen erhöhe.[14]
Diese Rechtsauffassung erklärte das Bundesarbeitsgericht[15] für unzutreffend. Für eine Anpassungspflicht müssen vielmehr dahin gehende Vereinbarungen bestehen, was bei einer bloßen Überprüfungspflicht gerade nicht der Fall ist. Eine Überprüfungspflicht ohne Anpassungspflicht ist auch nicht sinnlos. Sie stellt sicher, dass die Überprüfung nicht vergessen wird und die Arbeitnehmer sie einfordern können. Außerdem bewirkt sie einen gewissen Legitimations- und Begründungsdruck für den Arbeitgeber.
Pflegekräfte in stationären Pflegeinrichtungen sind regelmäßig sozialversicherungspflichtig
Eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung liegt dann vor, wenn
- die Arbeit nicht selbstständig ausgeübt wird,
- die Arbeit in persönlicher Abhängigkeit von einem Arbeitgeber verrichtet wird und
- der Arbeitnehmer für seine Arbeitsleistung Anspruch auf ein Arbeitsentgelt hat.
Pflegekräfte, die als Honorarpflegekräfte in stationären Pflegeeinrichtungen tätig sind, sind mit dieser Tätigkeit regelmäßig nicht als Selbstständige anzusehen, sondern unterliegen als abhängig Beschäftigte der Sozialversicherungspflicht.
So entschied das Bundessozialgericht[16] und ist der Auffassung, dass unternehmerische Freiheiten bei Pflegekräften kaum denkbar seien, obwohl sie weitgehend eigenverantwortlich arbeiteten. Deshalb könne eine Selbstständigkeit nur ausnahmsweise angenommen werden. Bloße Freiräume bei der Aufgabenerledigung, wie z. B. ein Auswahlwahlrecht der zu pflegenden Personen oder bei der Reihenfolge der einzelnen Pflegemaßnahmen, reichten als Indizien für eine Selbstständigkeit nicht aus.
Diese Informationen stellen keine rechtliche oder steuerliche Beratung oder gar eine verbindliche Auskunft dar und können eine Einzelfall-Beratung nicht ersetzen. Für etwaige Erläuterungen oder Nachfragen stehen wir Ihnen auch persönlich gern zur Verfügung. Bei Fragen zum Arbeitsrecht wenden Sie sich bitte an Herrn Rechtsanwalt Oliver Stumm, Tel.-Nr. 06421/4006-120.
GWB Boller & Partner mbB
Steuerberater Wirtschaftsprüfer Rechtsanwälte
[1] FG Hamburg, Urt. v. 19.03.2019, 6 K 80/18, LEXinform 5022113.
[2] § 34 Abs. 2 Nr. 2 EStG.
[3] § 34 Abs. 2 Nr. 4 EStG.
[4] BFH, Urt. v. 12.03.2019, IX R 44/17, BFH/NV 2019, S. 867, LEXinform 0951647.
[5] § 164 Abs. 4 SGB IX, (bis 31. Dezember 2017: § 81 Abs. 4 SGB IX a. F.).
[6] BAG, Urt. v. 16.05.2019, 6 AZR 329/18, LEXinform 0449781.
[7] LAG Hamm, Urt. v. 22.11.2018, 18 Sa 995/18, LEXinform 4211821.
[8] § 2 Abs. 3 Satz 3 2. PflegeArbbV.
[9] § 24 Abs. 1 Satz 1, 2. Halbsatz, MiLoG a. F.
[10] BAG, Urt. v. 30.01.2019, 5 AZR 43/18, NJW 2019, S. 1899, Lexinform 1675685.
[11] § 3 Satz 1 MiloG.
[12] § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB, § 3 MiloG.
[13] § 157 BGB.
[14] § 315 Abs. 1 BGB.
[15] BAG, Urt. v. 27.02.2019, 10 AZR 341/18, BB 2019, S. 1395, LEXinform 1675797.
[16] BSG, Urt. v. 07.06.2019, B 12 R 6/18 R, LEXinform 0449875.